Rede: 1,5 Grad-Pfad, Klimaschutz

Redebeitrag von Dr Nina Scheer SPD am 11112022 um 1615 Uhr 67 Sitzung TOP ZP 22 23

Dr. Nina Scheer (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist viel zu tun in der Klimapolitik, und es ist überhaupt nicht die Zeit, die Hände in den Schoß zu legen. Gleichwohl bringt es nichts, sich nur auf die unausweichlich zu beschleunigenden Dinge zu fokussieren, sondern es gilt, auch immer wieder auf das zu schauen, was gelungen ist, und darauf, welche Fortschritte schon gemacht wurden. Man kann ja nur in der Orientierung an diesen Dingen Hoffnung schöpfen und Anknüpfungspunkte finden, um weitere Schritte nach vorne zu gehen. Stagnation in Form von Hoffnungslosigkeit – dass dieser große Schritt, die Erreichung des 1,5-Grad-Ziels bzw. 2-Grad-Ziels, nicht mehr gemacht werden könnte -, könnte der größte Feind der Klimapolitik werden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist wichtig, an diese Dinge anzuknüpfen; denn sie helfen uns, tatsächlich zu den Ambitionsfaktoren zu kommen, zu den Beschleunigungsfaktoren, die wir für eine effektive Klimaschutzpolitik brauchen. Insofern ist es wichtig, hervorzuheben, dass neun von zehn Ländern, die weltweit am meisten Treibhausgase emittieren, anerkannt haben, dass wir dieses Ziel erreichen müssen.

(Karsten Hilse (AfD): Und was tun Sie dafür?)

Diese Erwähnung ist keine Schönfärberei, sondern notwendige Bedingung, um auf den internationalen Konferenzen überhaupt einen gemeinsamen Nenner zu haben und einen Abgleich zu bekommen, wo wir überhaupt stehen. Nur so können wir die Handlungsnotwendigkeiten unterstreichen. Zugleich haben wir uns international darauf verständigt, dass wir das siebenmal mehr Treibhausgasemissionen einsparen müssen, um diese Ziele tatsächlich zu erreichen. Das ist eine große Hausnummer.

Ich möchte noch mal darauf zurückkommen – das ist auch schon von meinem Vorredner erwähnt worden -, dass die G-7-Präsidentschaft eine bedeutende Rolle spielen kann.

(Zuruf des Abg. Steffen Kotré (AfD))

Wir hatten in der Tat Jahre, in denen Europa, aber durchaus auch Deutschland eine weltweite Vorbildfunktion beim Ausbau erneuerbarer Energien hatte. Es ist wichtig, immer wieder auf diese Vorreiter- und Vorbildfunktion zu fokussieren, gerade um an die Hoffnung anzuknüpfen, die wir international brauchen.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das weltweit vielfach kopiert wurde, ist in Deutschland entstanden. Das Wort „Energiewende“ ist mitunter unübersetzt in den Sprachgebrauch anderer Länder übergegangen; das hat seinen Grund.

(Karsten Hilse (AfD): Genau! Dafür gibt es überhaupt keine Übersetzung!)

Auch die IRENA, die Internationale Agentur für erneuerbare Energien, entstand aufgrund einer Initiative, die aus Deutschland kam. Sie ist ein wichtiges Vorbild dafür, in welche Richtung Klimaschutzpolitik zu gehen hat, wenn man die Energiewirtschaft in den Mittelpunkt rückt. Die Energiewirtschaft ist im Hinblick auf die Verantwortlichkeit für die Emissionen natürlich zentral, auch wenn es weitere wichtige Bereiche gibt, ohne die Klimaschutz nicht zu erreichen ist, etwa die Bereiche Landwirtschaft oder Verkehr. Aber ohne den Wandel in der Energiewirtschaft werden die Klimaschutzziele nicht erreichbar sein.

Ich möchte kurz auf die Erfolge eingehen, die in der kurzen Zeit schon erzielt wurden, weil es – aus dem von mir schon zu Anfang erwähnten Grund – wichtig ist, an diese Erfolge anzuknüpfen.

(Zuruf des Abg. Karsten Hilse (AfD))

Es ist wichtig, dass wir als reiches Land viel Geld bereitstellen. 6 Milliarden Euro sind nicht zwar genug, aber sie sind eine Hausnummer, mit der wir zur internationalen Klimafinanzierung beitragen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gut, dass wir das jetzt verankert haben. Es ist wichtig, Entwicklungspartnerschaften einzugehen;

Karsten Hilse (AfD): Mit China zum Beispiel! Fünf Milliarden Tonnen!)

denn Vernetzung ist wichtig, um Know-how-Transfer durchzuführen.

Es ist auch wichtig, dass jetzt endlich erstmals „Losses and Damages“, Verluste und Schäden, als Tagesordnungspunkt aufgenommen wurden. Denn ohne anzuerkennen, dass wir als Industrienation eine sehr große Verantwortung haben und hier tatsächlich helfen müssen, um diese Verluste auszugleichen, wird es auch keine Solidarität und keine Mitwirkung der Länder geben, die in uns längst sehr wohl die Verantwortlichen erkannt haben.

Ich möchte auch erwähnen, dass die feministische Außenpolitik wichtig ist,

(Zuruf von der AfD: Na klar!)

weil wir sehen, dass es in vielen Bereichen, in vielen Ländern gerade die Frauen sind, die vor Ort die Initiative ergreifen.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch (AfD) – Gegenruf von der SPD)

Das ist auch für die Finanzierungsinstrumente wichtig. Die Banken, die das erkennen, haben mehr in die Zukunft investiert als die Banken, die die Augen davor verschließen.

Schließen möchte ich mit einem Element: Es ist auch wichtig, dass wir nicht auf die Atomenergie setzen. Wer auf Atomenergie zur klimafreundlichen Gewinnung von Energie setzt, der hat die Probleme nicht erkannt, der hat die mangelnde Dürreresistenz von Atomenergie nicht erkannt und der führt die Klimapolitik in eine Sackgasse. Das möchte ich abschließend gesagt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

 

Zur Rede in der Mediathek des Deutschen Bundestages