Persönliche Erklärung: Impfpflicht

Bild: Deutscher Bundestag/Inga Haar

Persönliche Erklärung der Abgeordneten Dr. Nina Scheer zum Abstimmungsverhalten nach § 31 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu TOP 6, Beratung der Beschlussempfehlungen und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu mehreren Vorlagen zum Thema Impfpflicht, Drucksachen 20/516, 20/680, 20/899, 20/954, 20/978, 20/1353:

Seit nunmehr einem Jahr steht eine Impfung zur Verfügung, welche die Mehrheit der Geimpften gut vor schweren Verläufen und Tod schützt. Millionenfach geht es den Menschen nach der Impfung gut und sie können an einer Corona-Infektion, so sie sich trotz Impfung verfangen sollte, nicht mehr ernsthaft erkranken. Dies bedeutet: Millionenfach werden Menschen davor bewahrt, an einer Corona-Erkrankung zu versterben oder aber auch nur schwer zu erkranken. Ziel von Corona-Impfungen ist es nicht, Infektionen zu vermeiden, sondern schwere Verläufe zu vermeiden und die Weitergabe des Virus geringer zu halten, da auch dies Leben rettet und Krankheitsverläufe milder ausfallen lässt.

Eine Infektion mit Corona ohne Impfung bedeutet ein um ein Vielfaches größeres Risiko als mögliche Nebenwirkungen von zugelassenen Impfstoffen es sein können. Je mehr ungeimpfte Infizierte es gibt, desto mehr Menschen werden an dem Virus sterben. Hinzu kommt die wachsende Gefahr von Mutationen.

Diese benannte Konstellation zeigt zudem, dass Impfen keine Privatangelegenheit ist. Es gibt eine staatliche Schutzpflicht, gerade für solche Menschen, die sich nicht selbst schützen können. Diese Schutzpflicht heißt zunächst, für das Impfen zu werben. Es könnte freiwillig funktionieren. Aber wenn nicht, ist der Schaden der Freiwilligkeit für die Gesamtbevölkerung, gerade mit Blick auf die Schutzlosen, zu groß, als dass man ihn im Verhältnis zu den Freiheitseinbußen einer Impfpflicht rechtfertigen könnte.

Das Gleiche gilt für Krankenhäuser. Zu einem großen und teilweise überwiegenden Teil werden die Intensivbetten mit ungeimpften Corona-PatientInnen belegt. Operationen müssen verschoben werden, wenn hier akut weniger Dringlichkeit besteht als bei einem Corona-Patienten oder einer Corona-Patientin, der oder die um sein oder ihr Leben kämpft, obwohl ein Aufschub je nach Krankheit die Wahrscheinlichkeit, etwa an der Krebserkrankung zu versterben, steigert. Wenn ein solcher Zustand (nur noch) durch eine Impfpflicht eingeschränkt werden kann, halte ich es für unsere Pflicht, diese Maßnahme zu ergreifen.

Daher schloss ich mich dem Antrag der Abgeordneten-Gruppe um Heike Baehrens an, welcher eine Impfpflicht ab 18 Jahren vorsah und halte diesen Ansatz nach wie vor für richtig und wegweisend. Er hat aber zum Zeitpunkt der heutigen Abstimmung im Bundestag aufgrund der Vielzahl von abgestuften Ansätzen keine Mehrheit. Deswegen ging und geht es aktuell darum, aus den vorliegenden Ansätzen einen Kompromiss zu finden, um möglichst weitgehend eine Verbindlichkeit für Impfungen zu erreichen.

Der nun heute zur Abstimmung stehende Kompromissvorschlag sieht eine Impfpflicht ab 60 Jahren vor und zielt damit auf die wissenschaftlich begründet besonders gefährdete Gruppe.

Da teilweise mit Fake News über Nebenwirkungen von Impfungen Panik geschürt wird, gerade über die sozialen Netzwerke, ohne dass hierbei die realen Risiken eingeordnet würden, sieht der Gesetzesentwurf eine Impfberatung in einem ersten Schritt für die Altersgruppe 18-59 Jahren vor. Zudem soll im September 2022 erneut über eine mögliche Impfpflicht ab 18 Jahren abgestimmt werden. Beides befürworte ich nachdrücklich.

Da ich eine Impfpflicht auch mit Blick auf unsere Freiheit im Herbst für unumgänglich halte, stimme ich dem Antrag als weitestgehendem Ansatz zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht mit aktueller Aussicht auf eine parlamentarische Mehrheit zu.

 

Dr. Nina Scheer, MdB

Berlin, 7. April 2022

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