Nukleare Teilhabe und Sicherheitsarchitektur – diese Themen standen im Mittelpunkt einer Online-Diskussion mit Dr. Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer. Gemeinsam mit der SPD Geesthacht hatte Scheer öffentlich eingeladen, um aktuelle Fragen zu diskutieren.
In seinem Impulsreferat unterstrich Rolf Mützenich: „Nukleare Teilhabe ist ein Konstrukt aus der Zeit des Kalten Kriegs. Wir sollten daher eine Debatte über die Frage führen, ob die nukleare Teilhabe noch zeitgemäß ist. Das Eskalationsrisiko ist mit Trumps neuer Militärdoktrin größer geworden, seine Regierung hat verkündet, dass Atomwaffen nicht mehr nur der Abschreckung dienen, sondern Kriegsführungswaffen sind.“
Nina Scheer: „Wir brauchen verstärkte und vielfältige Verhandlungen über die Ächtung und die Verschrottung von Atomwaffen – mit allen Atomwaffen besitzenden Staaten und Staaten, die Atomenergie nutzen. Nur so kann es auch gelingen, neue Rüstungswettläufe, zumal mit kleineren Atomwaffen, abzuwehren. Ein zu befürchtenden Absenken der Einsatzschwelle, weg von Abschreckung, hin zu einer für den Einsatz bestimmten Massenvernichtungswaffe, muss mit allen Kräften abgewehrt werden.“
Derzeit lagern mehrere US-amerikanische Atomsprengköpfe auf dem Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Büchel. 2021 möchten die USA die Sprengköpfe durch neue ersetzen. Mit der nuklearen Teilhabe stellen betreffende NATO-Staaten, darunter Deutschland für die auf ihrem Territorium stationierten US-Atombomben eigene Trägersysteme zur Verfügung. CDU-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte ohne koalitionäre Verständigung an, hierfür F-18-Kampfjets für die Bundeswehr als Ersatz für die veralteten Tornados zu beschaffen. Dem stellte sich die SPD-Bundestagsfraktion entgegen. Über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge wird der Deutsche Bundestag voraussichtlich in der kommenden Legislaturperiode (2022/2023) entscheiden.
Der zivilgesellschaftlich auf den Weg gebrachte Atomwaffenverbotsvertrag – eine internationale Vereinbarung, die Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung und Einsatz von Kernwaffen verbietet – sei neben weiteren diplomatischen Mitteln ein maßgebliches Instrument zur Friedenssicherung, unterstrichen Mützenich und Scheer.
Neben der kriegerischen Nutzung von Atomwaffen, mahnte Scheer auch eine schnelle Beendigung der Atomenergie an: „Da von Atomenergie unbeherrschbare Risiken ausgehen und die Zivilisation auch mit Blick auf den Umgang mit Atommüll vor bis heute weltweit ungelöste Aufgaben stellt, darf es zu keiner verlängerten Atomenergienutzung kommen. Die Atomenergienutzung muss auch europäisch wie weltweit überwunden werden. Sie stellt zudem ein offenkundiges Einfallstor für die auch militärische Nutzung von Atomtechnologie dar. Insofern darf es bei beendeter ziviler Atomtechnologienutzung auch nicht zu einer Verlagerung hin zur militärischen Nutzung kommen.
Der Diskussionsabend fand mit ca. 60 Teilnehmenden eine breite Resonanz mit zahlreichen Wortbeiträgen, auch Vertreterinnen und Vertretern der IALANA, eine überparteiliche und unabhängige internationale Organisation von Juristinnen und Juristen, die sich für gewaltfreie Konfliktlösungen einsetzen, von weiteren Friedensinitiativen sowie Gewerkschaften.“
Die Aufzeichnung der Videokonferenz kann über folgenden Link abgerufen werden: https://youtu.be/3hrEloOw2tU.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer ist Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sowie stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung. Sie vertritt seit 2013 den Bundestagswahlkreis Herzogtum Lauenburg/Stormarn-Süd, Schleswig-Holstein.
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