28. Sitzung des Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem 25. April 2018
Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Klimaschutz umsetzen – Haltung der Bundesregierung zu einer CO2-Abgabe
Dr. Nina Scheer (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! An den rechten Rand des Parlaments möchte ich nur eine kurze Feststellung richten: Wenn es tatsächlich so sein sollte, wie Sie es darstellen, dann müssten Sie konsequenterweise, wenn wir darüber zu entscheiden haben, wie mit den massiven und immer stärker werdenden Klimafolgeschäden – Ernteausfälle, Hochwasserschäden; man könnte eine ganze Reihe an Schäden aufzählen, die auf uns zukommen werden und die teilweise, auch bei uns, schon eingesetzt haben – umzugehen sein wird, auch haushalterisch, bei jeder einzelnen Maßnahme sagen: Nein, hier geben wir nichts; dafür haben wir kein Geld. – Denn den Klimawandel gibt es ja in Ihren Augen eigentlich nicht.
(Beifall bei der SPD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist doch Unsinn!)
Daran werde ich Sie dann erinnern, und dann werden wir sehen, wie volksnah Sie sich tatsächlich noch geben können. Ich möchte aber zur Sache zurückkommen. Es ist, fnde ich, in der Tat sehr begrüßenswert, dass unsere neue Ministerin Svenja Schulze die Frage einer CO2-Bepreisung in den Fokus nimmt. Dieses Thema ist schon in den letzten Jahren zunehmend in den Blickpunkt gerückt. Ich begrüße die Diskussion insofern sehr, als uns allen bekannt ist – es ist auch heute schon mehrfach gesagt worden –, dass der europäische Emissionshandel an seine Grenzen stößt. Insofern ist es wichtig, zu schauen, welche ergänzenden Maßnahmen möglich sind, und es ist richtig, dass genau das im Koalitionsvertrag angelegt ist. Wir haben in der Großen Koalition hierzu Klärungsbedarf. Wir müssen noch einmal klarstellen, dass dies im Koalitionsvertrag als Ergänzung angelegt ist. Es ist nicht nur dort angelegt. Vielmehr verweist der Koalitionsvertrag auch auf die Gemeinsame Resolution von Assemblée nationale und Deutschem Bundestag zum 55. Jahrestag des Élysée-Vertrags, aus der ich zitieren möchte, weil das in der bisherigen Debatte meines Erachtens total unter den Tisch gefallen ist. Zur „Bedeutung der deutsch-französischen Impulse im Bereich des Klimaschutzes“ steht dort: Der Deutsche Bundestag und die Assemblée nationale fordern die französische und deutsche Regierung auf, ihre enge Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 und der Verpfichtung des „One-Planet-Summit“ von 2017 fortzusetzen und gemeinsame Initiativen insbesondere zum CO2-Preis vorzuschlagen und die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung zu vertiefen … Es kann also gar nicht nur darum gehen, irgendwie am ETS herumzudoktern, sondern es sind defnitiv ergänzende Maßnahmen nötig. Wenn jetzt die Initiative gestartet und dazu aufgerufen wird, zu überlegen, welche Möglichkeiten der Ausgestaltung – geht es um eine Steuer oder um eine Abgabe; das Wort „Mindestpreis“ fällt auch – wir haben, dann ist es, denke ich, an der Zeit, zu schauen, was tatsächlich möglich ist und welche ergänzenden Maßnahmen wir auf den Weg bringen können. In der Tat – es ist auch schon angeklungen –: Man muss natürlich schauen, dass das so ausgestaltet ist, dass tatsächlich eine Entlastung und keine Mehrbelastung dabei herauskommt. Das ist ganz einfach; denn es gibt eine Menge Belastungen, die so nicht sein müssten. Man kann das so ausgestalten, dass das Ganze unterm Strich aufkommensneutral ist, dass sowohl eine Entlastung, was die Klimafolgeschäden angeht, als auch eine Entlastung, was die Bürger angeht, stattfndet, soweit das nicht sowieso in unmittelbarem Zusammenhang steht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Im Moment ist Sommer!)
Insofern muss ich abschließend auch noch mein Bedauern zum Ausdruck bringen, dass wir bei dieser Diskussion so weit vorne ansetzen müssen und erst einmal klären müssen, dass das im Koalitionsvertrag defnitiv angelegt ist. Herr Koeppen, ich hatte den Eindruck, dass Sie das ein bisschen in Zweifel gezogen hatten. Sie hatten meines Erachtens hier auch schon eine sehr weitreichende Absage an ein Bepreisungssystem in den Raum gestellt. Das ist natürlich misslich, da wir doch eigentlich gerade erst am Beginn einer solchen Diskussion stehen und endlich einmal die Chance hätten, gemeinsam alles ofen auf den Tisch zu legen, was an Initiativen möglich ist, um tatsächlich eine gerechte Bepreisung im Energiesystem zu erreichen, indem wir das, was wirklich schädlich ist, verteuern und das begünstigen, was zu Innovation, Fortschritt und Beschäftigung von morgen führt.
(Jens Koeppen[CDU/CSU]: Sie können ja die Linie gern mal nachlesen nachher!)
In diesem Sinne hofe ich, dass Sie an den Verhandlungstisch kommen. Wir haben ja an sich die gemeinsame Absicht verbrieft. In diesem Sinne wünsche ich uns ein gutes Vorankommen.
(Beifall bei der SPD)