Gesine Schwan und Nina Scheer diskutierten über „Zukunft in Europa“ im Bürgerhaus Glinde

Gemeinsam mit der SPD Glinde lud die örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer zu einer öffentlichen Diskussion zum Thema „Zukunft in Europa“ in das Bürgerhaus Glinde ein. Als Vortragende hatte Scheer die Präsidentin und Mitgründerin der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform, Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission und zweimalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Prof. Dr. Gesine Schwan zu Gast. Der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Habersaat moderierte die mit über 80 interessierten Bürgerinnen und Bürgern besuchte Abendveranstaltung.

In ihrer Einführung erläuterte Nina Scheer themenorientierte Entwicklungen, die eine Reformbedürftigkeit und Demokratisierung der Europäischen Union erforderten: „Wenn anhand der Verhandlungen der Freihandelsabkommen sowohl Intransparenz als auch ein Übergewicht der Europäischen Kommission offenbar werden, sollten wir die europäische Außenhandelspolitik nutzen, um dabei auch die europäische Union zu reformieren“, so Scheer. Gerade aufgrund der wachsenden nationalistischen Strömungen sollten die demokratischen Kräfte Europas anhand der aktuellen politischen Aufgaben gestärkt werden, etwa auch anhand von Fragen der Integration.

Daran knüpfte Gesine Schwan unmittelbar an. Sie kritisierte Missstände in der europäischen Finanz- und Flüchtlingspolitik und erläuterte Vorschläge. So verwies sie auf ein von ihr mit erarbeitetes Konzept, wonach die Verteilung von Flüchtlingen über direkte, fondsbasierte Förderungen von Kommunen Europas organisiert werden könnte, verbunden mit einer ergänzenden Entwicklungsförderung für solche Kommunen, die sich für eine Mitwirkung an Integration entschieden. Sie begründete den Vorschlag mit der, etwa auf Polen gerichteten Beobachtung, wonach die Einstellung zur Aufnahme von Menschen vor Ort, bzw. in den Kommunen häufig offener sei, als auf der Ebene der nationalen Regierung. Über die Einbindung der Kommunen werde dann ein positives und durch Mitwirkung gezeichnetes Verständnis von Europa gestärkt. In diesem Zusammenhang komme den bereits vielerorts bestehenden Städtepartnerschaften eine neue Aufgabe zu. Scheer ergänzte, dass das SPD-Regierungsprogramm für die kommende Legislaturperiode Ansätze in die Richtung fondsbasierter Förderungen enthalte.

Nicht nachvollziehbar sei für sie – Gesine Schwan – wenn von Seiten der EU-Kommission und Angela Merkel nun etwa ein neues Freihandelsabkommen mit Japan vorangetrieben werde, das die gleichen Problempunkte wie bereits TTIP und CETA in Fragen der Transparenz und des Investitionsschutzes sowie der Schiedsgerichtsbarkeit enthalte.

Schwan warb in Bezug auf Deutschland in Europa für eine umfassendere Perspektive und richtete dies auch auf die Deutsche Bundesregierung und Finanzminister Wolfgang Schäuble. Deutschland habe die letzte Rate für Kriegsschulden aus dem Ersten Weltkrieg erst 2015 beglichen. Wie könne sich dann ein deutscher Finanzminister eine derart unnachgiebige, „nationalistisch-moralische“ Haltung gegenüber Griechenland erlauben, dessen Rentnerinnen und Rentner nun bereits die neunte Rentenkürzung zu verkraften hätten? Schwan betonte dabei, dass eine gute Zukunft für Deutschland nur in Europa liegen könne. Anders als Helmut Kohl habe Angela Merkel diese Bedeutung Europas für Deutschland nicht verstanden.

Die Teilnehmenden beschrieben den Abend als ebenso inspirierend wie lehrreich.

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