Scheer zur Abstimmung über den Einsatz der Bundeswehr im Mittelmeer EUNAVFOR MED

Persönliche Erklärung (nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages) der schleswig-holsteinischen SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer zur namentlichen Abstimmung zum Beschluss: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-Operation EUNAVFOR MED als ein Teil der Gesamtinitiative der EU zur Unterbindung des Geschäftsmodells der Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetzwerke im südlichen und zentralen Mittelmeer am 1. Oktober 2015:

Die Vereinten Nationen, die Europäische Union, aber auch jeder Staat der Europäischen Union für sich genommen tragen Verantwortung, Maßnahmen gegen die Ausnutzung von Menschen, die auf der Flucht vor Terror und Vertreibung sind, zu ergreifen. Dies erfordert von der Völkergemeinschaft insbesondere die Bekämpfung von Fluchtursachen, die häufig in Kriegs- bzw. Bürgerkriegszuständen liegen. Die Völkergemeinschaft trägt damit auch die Verantwortung Maßnahmen zu unterlassen, die Bürgerkriegszustände fördern. Sowohl der vergangene Irakkrieg als auch militärische Einsätze in Libyen zum Sturz des damaligen Machthabers Muammar al-Gaddafi förderten offensichtlich die für die heutigen Fluchtursachen maßgeblichen Bürgerkriegszustände.

Die Völkergemeinschaft ist zudem aufgerufen, auf mehr Teilhabe und Gerechtigkeit, auch im Rahmen der weltweiten Handelsbeziehungen hinzuwirken und diese nach den Zielen Nachhaltiger Entwicklung auszugestalten.

Aber auch für Flüchtlinge, die heute in ihrer akuten Not Hilfe bei Schlepperbanden suchen, brauchen wir Antworten – solange Fluchtursachen nicht wirksam beseitigt wurden. Insbesondere müssen legale Fluchtwege geschaffen werden. Ein Kampf gegen Schlepperbanden muss gleichziehen mit dem Einsatz zur Schaffung legaler Fluchtwege. Andernfalls wird an anderen Orten als unseren Grenzen unser Asylrecht ausgehöhlt.

Schlepperbanden unterscheiden sich von Fluchthelfern, indem sie den Tod von Hilfe suchenden Menschen ausnutzen, Leib und Leben dieser Menschen riskieren oder gar ihren Tod einkalkulieren. Die Ausnutzung der Notlage von Menschen wird dabei zum Geschäftsmodell des Menschenhandels. Schlepperbanden auch mit militärischen Mitteln zu begegnen halte ich mit Blick auf unsere humanitäre Schutzpflicht gegenüber den flüchtenden Menschen somit prinzipiell für opportun und notwendig, auch unter Beteiligung der Deutschen Bundeswehr.

Ich begrüße es somit, wenn die Europäische Union Maßnahmen gegen Schlepperkriminalität ergreift und Menschenhandel sanktioniert. Ich begrüße es auch, wenn Schiffe, die für Menschenhandel eingesetzt werden, beschlagnahmt werden.

Es ist aber auch unsere humanitäre Pflicht, mit den ergriffenen Maßnahmen zugleich den Menschen in Not Schutz zu gewähren. Der vorliegende Antrag sieht auch vor, im Rahmen der EU-Operation EUNAVFOR MED eine „Umleitung auf hoher See“ der betreffenden Boote zu ermöglichen. Solche Maßnahmen halte ich für nicht verantwortbar.

Insofern enthalte ich mich meiner Stimme zur Abstimmung über den oben genannten Antrag.