Heute beschloss das Bundeskabinett ein Gesetzes- und Verordnungspaket zur Regulierung von Fracking-Vorhaben. Dr. Nina Scheer, SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des SPD-Landesvorstandes Schleswig-Holstein erachtet die Regierungsentwürfe zum Wasserhaushaltsgesetz und Bergrecht als ersten wichtigen Schritt für ein Fracking-Verbot in Umsetzung des Koalitionsvertrages. Es gebe im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens aber auch noch weitergehende Klärungs- und Änderungsbedarfe.
Scheer: „Vor dem Hintergrund der öffentlichen Diskussion sowie für einen prioritären Schutz von Trinkwasser und Gesundheit wird deutlich, dass es noch zusätzlicher Veränderungen sowohl im Wasserhaushaltsgesetz als auch im Berggesetz bedarf, um unkonventionelles Fracking rechtssicher auszuschließen und weiteren Gemeinwohlbelangen Rechnung zu tragen. Dies betrifft sowohl den sogenannten Besorgnisgrundsatz als auch eine bessere Verzahnung zwischen wasserrechtlichen Genehmigungserfordernissen und solchen nach Bergrecht. Zudem müssen etwa die Formulierungen zum Ausschluss von Fracking um die Gewinnung von Erdöl ergänzt werden. Ferner sollte für die Länder über eine ‚Länderklausel für Fracking-Verbote‘ die Möglichkeit eines umfassenden Fracking-Verbots geschaffen werden.“
Scheer erachtet ferner die Einsetzung einer Expertenkommission zur Bewertung von Erprobungsmaßnahmen für unkonventionelles Fracking im Verhältnis zur Genehmigungspraxis durch öffentliche Behörden als nicht sachgerecht. Darüber hinaus gelte es eine Lösung für den Umgang mit Lagerstättenwasser sowie eine eingrenzende Definition von Probebohrungen zu finden.
Gleichlautende Änderungsbedarfe hat die Landesgruppe der schleswig-holsteinischen SPD-Bundestagsabgeordneten durch ihren Sprecher MdB Dr. Ernst Dieter Rossmann und MdB Dr. Nina Scheer, als in der Landesgruppe unter anderem für Fracking Zuständige und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, bereits an den Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann in Vorbereitung auf das anstehende parlamentarische Verfahren gerichtet.
Scheer abschließend: „Die schleswig-holsteinische SPD, wie auch die SPD-geführte Landesregierung haben sich klar gegen Fracking ausgesprochen. Gerade aus der Perspektive eines in der Energiewende so weit fortgeschrittenen Bundeslandes wie Schleswig-Holstein wird neben den Umwelt- und Gesundheitsaspekten auch die grundsätzliche Frage klar beantwortet: Ein Land, das sich klar zu Erneuerbaren Energien bekennt, muss keine neuen Technologien sowie hiermit verbundene Risiken und Eingriffe für fossile Energieressourcengewinnung zulassen.“
Änderungsbedarfe zum Fracking-Gesetzesvorhaben
Stand: 1. April 2015
Dr. Nina Scheer, MdB
– Länderklausel für Fracking-Verbote
Vor dem genannten Hintergrund und der raumordnerischen Bedeutsamkeit von Fracking-Vorhaben sollte den Bundesländern über eine Länderklausel für Fracking-Verbote die Möglichkeit eines umfassenden Fracking-Verbots gegeben werden.
Unabhängig von der hiernach landespolitisch grundsätzlich zu treffenden Entscheidung, Fracking-Vorhaben gänzlich auszuschließen, bedarf es aus länderübergreifenden Erwägungen folgender Klarstellungen und Änderungen:
– Umfassender Besorgnisgrundsatz
Nach dem sog. Besorgnisgrundsatz nach WHG sind bestimmte Maßnahmen nur dann zulässig, wenn es nach menschlicher Erfahrung unwahrscheinlich ist, dass hierdurch nachteilige Veränderungen eines Gewässers eintreten. Im aktuellen Regierungsentwurf bezieht sich dies lediglich auf die Trinkwasserentnahme, obwohl sich die zuständigen Ministerien klar für die umfassende Priorität von Gesundheit und Trinkwasser ausgesprochen haben. Entsprechend des Koalitionsvertrages muss im WHG ein umfassender Besorgnisgrundsatz bei Fracking-Vorhaben verankert sein; eine bisher vorgesehene Einengung könnte als Privilegierung von Fracking-Vorhaben gewertet werden.
– Gleichstellung der Regelung für unkonventionelles Fracking bei Erdgas und Erdöl
Auch wenn die Förderung von Erdöl mit der Fracking-Technologie heute in Deutschland noch keine Anwendung findet, ist nicht auszuschließen, dass es aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung auch zu Aufsuchungserlaubnissen für Erdölförderung durch unkonventionelles Fracking kommen wird. Aus den USA bekannte unkonventionelle Fracking-Verfahren umfassen auch Erdölförderung. Einige Vorgaben, Regelungen und Gebietsverbote in den Entwürfen zum Wasserhaushaltsgesetz und Bundesnaturschutzgesetz beziehen sich dennoch lediglich auf Fracking-Vorhaben im Erdgassektor. Der Gesetzgeber sollte frühzeitig klare Rahmenbedingungen schaffen und somit Vorhaben von Erdöl-Fracking mit aufgreifen (z.B. in § 13a I Nr. WHG-E oder § 33 Ia BNatSchG-E). Mit Blick auf die bundesweit unterschiedlich verorteten geologischen Vorkommen ist die genannte Gleichstellung insbesondere für Schleswig-Holstein von großer Relevanz.
– Sicherstellung wasserrechtlicher Bedenken im BBergG
Nach geltendem Recht gibt es Unklarheit, inwieweit bei Genehmigungsverfahren nach BBergG auch wasserrechtliche Vorgaben berücksichtigt werden müssen. Durch den Regierungsentwurf wird zwar eine deutlichere Verzahnung von WHG und BBergG geschaffen. Um aber sicherzustellen, dass Erwägungen der Wasserbehörden auch beim bergrechtlichen Genehmigungsverfahren berücksichtigt und umgesetzt werden, bedarf es einer entsprechenden Verankerung im Bergrecht. Dazu sollte im BBergG auf die entsprechende Passage im WHG (§ 13a WHG) verwiesen und eine sinngemäße Anwendung vorgesehen werden.
– Weiterentwicklung BBergG und Anpassung an die Prioritäten Gesundheits- und Trinkwasserschutz sowie Interessen des Gemeinwohls
Die Priorität zum Schutz der Gesundheit und des Trinkwassers muss sich auch in den Vorgaben des BBergG widerspiegeln. Der bisherige Grundsatz, wonach die Förderung und Sicherung von Rohstoffen vorrangige Interessen sind, wird mit den vorliegenden Entwürfen nicht aufgegeben. Insofern bedarf es im BBergG einer stärkeren Berücksichtigung von Gemeinwohlinteressen sowie einer Vorsorgeklausel für den Schutz der Umwelt.
– Streichung der Einführung einer Experten-Kommission
Die Einsetzung einer Experten-Kommission zur Bewertung der Erprobungsmaßnahmen für unkonventionelles Fracking und mit Blick auf eine mögliche Einführung von kommerziellen Fracking-Vorhaben erscheint vor dem Hintergrund der realen Genehmigungspraxis nicht sachgemäß und sollte gestrichen werden.
Darüber hinaus gibt es noch weiteren Änderungs- und Klärungsbedarf. Dabei wird auch zu überprüfen sein, ob die sog. 3.000 m-Grenze ein grundsätzliches Verbot von unkonventionellem Fracking vollziehen lässt oder gegebenenfalls ein äquivalentes Kriterium entwickelt werden müsste. Dies wäre etwa der Fall, wenn unkonventionelle Fracking-Vorhaben auch unterhalb der 3.000 m-Grenze vorstellbar bzw. nicht auszuschließen sind. Zudem gilt es eine Lösung für denUmgang mit Lagerstättenwasser und eine eingrenzende Definition von Probebohrungen zu finden.