Sterbebegleitung. In Würde leben – in Würde sterben.

Bild: Heitmann

„Sterbebegleitung. In Würde leben – in Würde sterben“ – Unter diesem Titel diskutierte die örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer mit ihrem Fraktionskollegen und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden sowie Gesundheitsexperten Prof. Dr. Karl Lauterbach am Freitagabend im Schloss Reinbek Fragestellungen zur Sterbebegleitung. Die Thematik hatte Scheer im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Fraktion vor Ort“ in Bezugnahme auf einer im Herbst 2014 im Bundestag eingeleiteten Befassung mit Sterbehilfe gewählt. In ihrer Einführung ging Scheer zunächst auf die Abgrenzungen zwischen aktiver, indirekter und passiver Sterbehilfe sowie der Beihilfe zum Suizid ein. Dabei konkretisierte sie die parlamentarische Auseinandersetzung mit Sterbehilfe, wonach es ausschließlich um Formen der heute straflosen Beihilfe zum Suizid ginge. „Den hauptsächlichen Handlungsbedarf sehe ich in der Beseitigung bestehender Rechtsunsicherheiten, wonach heute die gesetzlich erlaubte Beihilfe zum Suizid über das ärztliche Standesrecht verbreitet unterbunden wird“, so Scheer. Es dürfe nicht sein, dass Menschen, die unter unweigerlich zum Tod führenden Krankheiten litten, die Möglichkeit einer erwünschten medizinischen Begleitung und Hilfe zur selbstvollzogenen Lebensbeendigung versagt werde. Elf Landesärztekammern untersagen heute die ärztlich assistierte Suizidbeihilfe. Mit ihren Ausführungen bezog sich Scheer auf einen von fünf fraktionsübergreifenden Anträgen. Über eine detaillierte Benennung der Unterschiede vermittelte Lauterbach ein sehr differenziertes Abbild der derzeitigen innerparlamentarischen Strömungen. Nach Lauterbach muss es ein Angebot ärztlich assistierten Suizids geben, das aber an Bedingungen geknüpft sei: „Der Arzt muss Gewissensfreiheit haben, somit selbst entscheiden können, ob er Suizid-Beihilfe leistet, der Suizidwunsch des Patienten darf nicht in einer psychischen Erkrankung liegen und es muss sich um eine schwere und zum Tod führende Krankheit handeln, worunter der Patient leidet“. Darüber hinaus, so Lauterbach in Bezugnahme auf den von ihm mitverfassten Antrag, sollten kommerzielle Sterbehilfe und Seriensterbehelfer verboten werden. Andere Anträge streben ein weitergehendes Verbot an, worunter auch die ärztliche Suizid-Assistenz fiele. Nur einer der Anträge sieht hingegen vor, kommerzielle Sterbehilfe-Angebote nicht zu verbieten. Lauterbach appellierte, die gegebenen Lebensumstände genauer zu betrachten: „Häufig werden Depressionen nicht gesehen, womit nicht unterschieden wird zwischen psychisch bedingtem Sterbewunsch und solchem, der durch tödliche und leidvolle Krankheiten hervorgerufen wird. Zudem muss berücksichtigt werden, dass Suizidversuche sehr häufig nicht gelingen, aber zum Teil schwere Schäden und Leid hinterlassen“. Die Möglichkeit ärztlich assistierten Suizids schaffe auch die Voraussetzungen, psychisch bedingte oder in panischer Hilflosigkeit verübte Suizidversuche besser zu erkennen und abzuwenden. In der sich anschließenden von Susanne Danhier, Mitglied des Kreistages Stormarn, moderierten offenen Diskussion zeichnete sich unter den ca. 70 Besucherinnen und Besuchern eine breite Zustimmung darin ab, dass die bloße Möglichkeit ärztlich assistierter Sterbehilfe viel Leid verhindern würde. Als Ausdruck der Menschenwürdegarantie erfülle die ärztliche Suizid-Beihilfe insbesondere die Funktion, bei den betroffenen Menschen die Angst vor Leid und mit dem Krankheitsverlauf verbundener Hilflosigkeit zu nehmen. Einigkeit bestand darin, dass es die Palliativmedizin und das Hospizwesen – trotz der in den letzten Jahren zu verzeichnenden positiven Entwicklungen – weiter zu stärken und auszubauen gilt.