Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Nina Scheer zu der namentlichen Abstimmung über den Entschließungstrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum ASEM-Gipfel am 16./17. Oktober 2014, zum Europäischen Rat am 23./24. Oktober 2014 und zum Euro-Gipfel am 24. Oktober 2104 in Brüssel, Drs. 18/2895 am 16. Oktober 2014:
Atomenergienutzung ist mit Blick auf die mit ihr verbundenen unbeherrschbaren Risiken und Folgelasten weder zukunftsfähig noch verantwortbar. Zudem stellen Windenergie und Solarenergie kostengünstigere Energiegewinnungsmöglichkeiten dar.
Die Entscheidung über Energiegewinnungsmöglichkeiten ist nach dem EU-Vertrag aber eine Entscheidung des jeweiligen Mitgliedsstaates. Wenn sich die britische Regierung für den Neubau von Atomkraftwerken entscheidet und die britischen Stromkunden, Bürgerinnen und Bürger bereit sind, Atomenergieförderungen von rund 11 Cent/kWh über 35 Jahre lang (samt staatlichem verbürgten Inflationsausgleich) zu zahlen, ist dies energiepolitisch und vernunftorientiert nicht nachvollziehbar, liegt aber dennoch in der nationalen Rechtsetzungshoheit des jeweiligen EU-Mitgliedsstaates.
Neueste Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 1. Juli 2014 und 11. September 2014 zu nationalen Förderregimen für Erneuerbare Energien bestätigen diese mitgliedsstaatliche Gestaltungshoheit.
Diesem Umstand trägt der vorliegende Antrag nicht hinreichend Rechnung. Dem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bzgl. einer Nichtigkeitsklage gegen den Förderrahmen für das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point C kann ich aus den dargelegten Gründen nicht folgen.
Die energiepolitischen Entscheidungen Großbritanniens zur fortgesetzten Atomenergienutzung sollten uns in Europa ein weiterer Anlass sein, auch europäische Aussagen zur Atomenergienutzung, etwa in Gestalt des EURATOM-Vertrages, zu korrigieren und sie durch Energiewendeziele zu ersetzen.