Erklärung zu den Erschließungsanträgen der Fraktion DIE LINKE – „Soziale, ökologische, ökonomische und politische Effekte des EU-USA Freihandelsabkommens“

Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Nina Scheer zu den namentlichen Abstimmungen am 25. September 2014

über den Entschließungsantrag Drs. 18/2611 der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE zu der Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Thomas Nord, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drs. 18/432, 18/2100 – „Soziale, ökologische, ökonomische und politische Effekte des EU-USA Freihandelsabkommens“

und über den Entschließungsantrag Drs. 18/2612 der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE zu der Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Thomas Nord, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drs. 18/432, 18/2100 – „Soziale, ökologische, ökonomische und politische Effekte des EU-USA Freihandelsabkommens“:

 

Es bedarf einer umgehenden öffentlich nachvollziehbaren Klarstellung des Verhandlungsergebnisses bei CETA sowie aktueller Verhandlungsgegenstände bei TTIP für eine konstruktive Auseinandersetzung mit den betreffenden Inhalten. Es ist weder für die Sache noch für die demokratische Kultur der EU förderlich, dass seit Monaten nur auf Grundlage von Spekulationen und ‚durchgesickerten‘ Dokumenten über mögliche Vereinbarungen diskutiert wird. Demokratie lebt von Öffentlichkeit und Transparenz. Geheimhaltungen über Abkommen, die möglicherweise weitreichende Eingriffe in mitgliedstaatlich gewachsene Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft und etwa im Umgang mit Umweltschutz- und Gesundheitsstandards bedeuten, entsprechen nicht dem rechtsstaatlichen Verständnis der Bürgerinnen und Bürger, sondern schüren Rechtspopulismus sowie Europafeindlichkeit.

Am Beispiel Deutschlands ist zu erkennen, dass Vertrauensschutz und damit auch Investitionsschutz im bestehenden Rechtssystem bereits verankert ist und sich hier stets fortentwickelt. Gesonderte Investitionsschutzabkommen als Bestandteil von Freihandelsabkommen werden dieser Rechtskultur nicht gerecht. Die Einrichtung von Schiedsgerichten untergräbt darüber hinaus die ordentlichen Gerichtsbarkeiten der Mitgliedsstaaten bzw. Vertragspartner.

Vertragliche Schiedsgerichtsbarkeiten oder Investitionsschutz, wonach „das demokratische Recht, Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzeilen zu schaffen, gefährdet, ausgehebelt oder umgangen wird oder (dass) ein Marktzugang, der solchen Regeln widerspricht, einklagbar wird“, (SPD-Parteikonvent-Beschluss vom 22.09.14) müssen ausgeschlossen werden.        

Freihandelsabkommen darf kein faktischer Vorrang gegenüber gesetzlichen Grenzen für Markt und Handel eingeräumt werden.

Die betreffenden Vertragsverhandlungsergebnisse (CETA) lassen noch keine abschließende Aussage zu, ob letztlich ein Investitionsschutz enthalten sein wird. Insofern ist es wichtig und zu begrüßen, dass sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel für eine Streichung von Investitionsschutzvorgaben im Rahmen von CETA einsetzt. Parallel gilt es die Vertragsentwurfsinhalte – auch mit Blick auf die laufenden Verhandlungen zu TTIP – daraufhin zu überprüfen, welche Aussagen darin mit welchen Auswirkungen investitionsschützende Wirkungen entfalten können. Hierfür bedarf es einer eingehenden Prüfung und verbindlichen Übersetzung des Vertragsentwurfes.

Eine pauschale Zurückweisung des CETA-Verhandlungsergebnisses wie im Antrag von DIE LINKE (Drs. 18/2611) gefordert, wird dem gegebenen Aufklärungsinteresse nicht gerecht.

In dem Antrag Drs. 18/2612 erklärt die Fraktion DIE LINKE „Mindestanforderungen für die Verhandlungen um Freihandelsabkommen, die identisch bzw. wortgleich mit den Zielen und Anforderungen aus dem Beschluss des SPD-Parteikonvents vom 20. September 2014 sind. Konventbeschlüsse einer koalitionsbildenden Partei sind nicht darauf angelegt Gegenstand von Beschlüssen einer Regierungskoalition zu werden. Insofern wird mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE offensichtlich eine vermeintliche Kontroverse zwischen der SPD und der SPD-Bundestagsfraktion gesucht und verfolgt. Eine solche lässt sich aber mit der klaren Positionierung unserer Fraktion im Rahmen der Aussprache und auch des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel nicht herleiten.

Aus diesen Gründen verneine ich die betreffenden Anträge (Drs. 18/2611 und 18/2612).

Dr. Nina Scheer, MdB

Berlin, 25.09.2014