Die Diskussion um die Frauenquote ist nichts Neues. Sie hält aber aus nach wie vor aktuellen Gründen und Umständen an. Maßgeblich ist dabei ein Bündel an Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Gewohnheiten, die Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren.
Es sprechen für sich genommen gute Gründe und Fragen dafür, dennoch gegen Frauenquoten zu sein: Kann das Missverhältnis durch „Zwang“ kompensiert werden? Ist die Auswahl durch Quoten geförderter Frauen repräsentativ für jene Frauen, die unter anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen vermehrt den Arbeitsmarkt teilten? „Spült“ eine Frauenquote nicht eher solche Frauen in das Erwerbsleben und Führungspositionen, die sich an herkömmlich von Männern beschrittenen Lebenswegen orientieren und häufig kinderlos sind?
Aber was passiert ohne Frauenquoten?
Die Regierungsfraktionen des Deutschen Bundestages stimmten am 18. April gegen eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte. Der von rot-grün eingebrachte und bereits vom Bundesrat gebilligte Gesetzesentwurf sah eine Quote von 20 Prozent im Jahr 2018 vor, im Jahr 2023 sollte sie dann auf 40 Prozent steigen. Die Alternative ist die von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder eingeleitete „Flexi-Quote“ – wie der Name schon sagt: eine Selbstverpflichtung. Die Erfahrungen mit Absichtserklärungen und Selbstverpflichtungen aus anderen Bereichen sind allerdings ernüchternd.
Nach wie vor sind es zumeist Frauen, die für die Kinderbetreuung die Hauptverantwortung übernehmen. Dass Frauen hiermit zugleich einen minderen und teilweise diskriminierten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nehmen sie zumeist unfreiwillig in Kauf.
In Kombination mit geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, dem Ehegattensplitting und dem jüngst mit schwarz-gelber Mehrheit auf Bundesebene eingeführten Betreuungsgeld, der sog. „Herdprämie“, wirken die heutigen Rahmenbedingen dem Abbau frauenspezifischer Diskriminierung entgegen. Der berufliche Wiedereinstieg von Frauen nach Geburten oder Kleinkindzeit in Form eines Minijobs, erweist sich für viele Frauen als ein ökonomisches als auch ihre Qualifikation betreffendes Abseits. Die Durchlässigkeit zu regulären Beschäftigungsverhältnissen ist gering. Insofern ist die Ausweitung auf 450 Euro seit Anfang 2013 ein insbesondere Frauen benachteiligender Schritt. Die Schnelllebigkeit der technologischen Entwicklung erschwert dann auch noch eine qualifikationsgerechte anschließende reguläre Beschäftigung. Vor dem Hintergrund, dass Frauen ohnehin durchschnittlich über 20 % weniger Entlohnung für die gleiche Arbeit erhalten, lenken ausgeweitete geringfügige Beschäftigungen verstärkt Frauen in Erwerbs- und anschließende Altersarmut. Das Betreuungsgeld belohnt, Kinder nicht in Kinderbetreuungseinrichtungen zu geben. Auch hierin liegt ein Fernhalten von Frauen vom Arbeitsmarkt, das sowohl mit Blick auf die demografische Entwicklung, den sich spürbar zuspitzenden Fachkräftemangel als auch integrationspolitisch unverantwortbar ist.
Gesetzliche Frauenquoten legen die genannten Missstände offen, deren Beseitigung dann wiederum notwendige Schritte zur Erfüllung von gesetzlichen Frauenquoten darstellen. Gerade in ehrgeizigen Frauenquoten liegt dabei eine Chance: Sie steigern den Handlungsdruck, Diskriminierungen zu beseitigen und offensive Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ergreifen. Der Druck bleibt bei Selbstverpflichtungen aus.
Billigt eine Gesellschaft weiterhin mindere Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt und in Führungspositionen, oder weitet diese gar noch aus, verspielt sie wertvolle Zeit und Gestaltungskraft.
Dr. Nina Scheer, SPD-Bundestagsdirektkandidatin Herzogtum Lauenburg – Stormarn-Süd