
Mehr als 40 Gäste konnte Frank Lauterbach, Vorsitzender der SPD Glinde, im Bürgerhaus begrüßen. Sie alle wollten diskutieren, welche Chancen und Herausforderungen die Energiewende für Stadtwerke und Gemeinden bringt. Und Lauterbach hatte noch einen weiteren Grund zur Freude: Bildete Glinde doch den Auftakt einer landesweiten Reihe von Veranstaltungen, weitere folgen in Kiel, Ratzeburg und Heide. „Aber in Glinde fängt es an!“ Konzipiert hatte die Reihe Dr. Nina Scheer, SPD-Bundestagskandidatin für Stormarn Süd, in Zusammenarbeit mit dem Umweltforum der SPD Schleswig-Holstein.
Nina Scheer führte in das Thema ein und beklagte sich, dass die Energiewende von manchem schon als „gescheitertes Projekt“ kommuniziert werde. Dabei sei schon viel erreicht, und vieles könne folgen. Die Energiewende habe dezentrale Strukturen geschaffen, neue Stadtwerke wurden gegründet, viele Kommunen haben das Thema Energie auf die Tagesordnung gesetzt. 2015/16 laufen zahlreiche Leitungskonzessionen aus, dann könne es einen weiteren Schub geben. Olaf Schulze, energiepolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, erläuterte die Bedeutung der Energiewirtschaft für Schleswig-Holstein und Maßnahmen zur Förderung der Stadtwerke. Potentiale gebe es bei der Speichertechnologie, der Kraft-Wärme-Kopplung und durch die Schaffung einer Landesnetzagentur, die für die Stadtwerke in Norddeutschland ein hilfreicherer Ansprechpartner sein könne als die Bundesnetzagentur in Bonn.
„Wie fühlen sich Stadtwerke an?“ Unter diese Überschrift hatte Prof. Andreas Fleischer seinen Beitrag gestellt. Als Mitglied der Gesellschafterversammlung des E-Werks Sachsenwald berichtete Fleischer vom Wachstum des Werkes in den letzten Jahren (unter anderem haben sich die Kommunen Barsbüttel, Glinde und Oststeinbek dem alten E-Werk Reinbek-Wentorf angeschlossen), von der Arbeit des Werkes und von Mechanismen der Strombörse. Detlef Palm, Geschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) konnte berichten, dass in Deutschland über die Hälfte der Bevölkerung von Stadtwerken versorgt werde, der Trend halte an, „es gibt sogar auch zehn Gemeindewerke in Schleswig-Holstein.“ Das sichere die Daseinsvorsorge und schaffe Spielräume für die öffentliche Hand, „auch für Kita und Schwimmbad“. Deutlich werde dies am Beispiel Norwegen: „Dort ist das Energiegeschäft in öffentlicher Hand, und nicht von ungefähr verfügt Norwegen über den drittgrößten Pensionsfonds der Welt.“
Im Publikum saßen zahlreiche gut informierte Kommunalpolitiker und Bürger, die unter anderem den Verkauf der Hochspannungsnetze 2010 an Tennet kritisierten. Auch sei es oft schwierig, wenn Kommunen Leitungsnetze von E-On übernehmen wollten. Oft müsse der Preis vor Gericht ausgeklagt werden, nicht selten stelle sich heraus, dass E-On die Netze nicht gut gewartet habe. Applaus gab es für die Forderung Nina Scheers, mit einem Energiewirtschaftsgesetz die Bemessungsgrundlage für die Übernahme von Netzen zu regeln und den Tatbestand von „verdeckten Mängeln“ einzuführen, mit dem schlechte Wartungszustände auch nachträglich geahndet werden könnten.
Diskutiert wurden auch die Vor- und Nachteile des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) und viele andere Aspekte so lebhaft, so dass Moderator Martin Habersaat zuweilen mit Stoppuhr und Zeitkontingenten arbeiten musste. Nach zweieinhalb lehrreichen und unterhaltsamen Stunden beendete er den Abend und freute sich, dass die Energiewende nicht nur zu dezentraler Versorgung, sondern auch zu großem Interesse der Bevölkerung an Energiefragen und, über das gemeinsame E-Werk, zu einem Zusammenwachsen der Kommunen in Südstormarn beitragen konnte.